mmer mehr Jugendliche brechen in Deutschland ihre schulische Laufbahn ab. Laut einer von der Caritas veröffentlichten Studie schafften im Jahr 2017 52.000 junge Menschen keinen Schulabschluss. 2018 waren es sogar fast 54.600. Aktuelle Statistiken sprechen sogar von 80.000 ehemaligen Schülern, die ohne Abschluss abgehen. Besonders hoch ist die Abbruchsrate in Sachsen- Anhalt und Berlin.
Warum ist die Abbruchsrate so hoch?
Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Die meisten Betroffenen kommen aus einer Familie mit niedrigem Bildungsniveau. Sie erhalten zu Hause nicht die notwendige Unterstützung, um bei auftretenden Schwierigkeiten bei der Stange zu bleiben. Mangelndes Interesse von Seiten der Eltern kann verschiedene Ursachen haben. Manche sind im Berufsleben so gefordert, dass wenig Zeit bleibt sich darum zu kümmern ob der Nachwuchs die Hausaufgaben gemacht hat. Doch auch das Gegenteil, nämlich hohe Leistungsansprüche von Seiten der Familie können Kinder so unter Druck setzen, dass sie mit der Schule aufhören
Ein weiterer Grund für einen Abbruch ist, dass sich Jugendliche in der Schule nicht wohl fühlen. Es kann sein, dass es im Klassenverband Probleme gibt und sie sich nicht integrieren können. Fühlen sich junge Menschen ausgegrenzt oder werden sie gar gemobbt, bleibt auch der Lernerfolg auf der Strecke. Man kann sich in der Schule nur schlecht konzentrieren und nicht selten kommt es sogar zu psychosomatischen Beschwerden wie Bauchweh am Morgen oder Übelkeit. Ein positives Lernambiente mit couragierten Lehrern und ein ´guter Klassenzusammenhalt sind maßgebliche Faktoren, die zum schulischen Erfolg beitragen.
Doch auch finanzielle Gründe können die Ursache dafür sein, dass der Schüler vorzeitig aus dem Bildungssystem aussteigt. Gerade in hochkomplexen Unterrichtsgegenständen wie Mathe gibt es bei vielen Schülern Probleme, die vorgetragenen Inhalte zu erfassen. Zwar gibt es heute sehr viele gute Angebote für Nachhilfe. Bei der Suche nach einem geeigneten Lehrer leistet das Internet wertvolle Hilfe. Auf zahlreichen Online Plattformen ist es möglich, engagierte Nachhilfelehrer für verschiedene Unterrichtsgegenstände zu finden. Allerdings kostet Nachhilfe Geld. Nicht alle Eltern können sich die Stunden leisten, vor allem wenn sie mehrere Kinder mit Lernschwächen haben.
Man lernt nie aus: Der zweite Bildungsweg als Chance
Selbst wer es im jugendlichen Alter verabsäumt hat, die Schule abzuschließen, der hat als Erwachsener die Chance, das nachzuholen. In den Geschichtsbüchern ist nachzulesen, dass der Mathematiker Alfred Clebsch als Erfinder des zweiten Bildungswegs gilt. Er wollte Erwachsenen die Möglichkeit geben, das Abitur nachzuholen. Zu den ersten Einrichtungen, wo das möglich war zählt das Studienheim St. Klemens in Warstein-Belecke, das der katholische Pfarrer Bernhard Zimmermann in Jahr 1922 eröffnete. Fünf Jahre später wurde das Berliner Abendgymnasium von Peter Adalbert Silbermann gegründet. Diese Schule existiert bis heute.
Beim zweiten Bildungsweg stehen Interessenten viele verschiedene Optionen offen. Je nachdem welche Qualifikation man erreichen möchte, sind das:
- Für den Hauptschulabschluss: Abend- und Volkshochschulen
- Für den mittleren Bildungsweg: Abendrealschule, Berufsschule, Berufsfachschule
- Fachhochschulreife: Berufsoberschule oder Fachoberschule, Abendgymnasium, Fachschule
Für den zweiten Bildungsweg entscheiden sich Erwachsene in der Regel, wenn sie beruflich weiterkommen möchten. Ohne Schulabschluss sind die Karrieremöglichkeiten immerhin begrenzt. Wer zum Beispiel mit 15 aus der Schule ausgetreten ist und keinerlei Abschlüsse vorweisen kann, wird sich nur schwer am Jobmarkt positionieren können. Doch auch Menschen, die bereits einen Job haben, entscheiden sich manchmal für einen zweiten Bildungsweg. Nach erfolgreichem Besuch können sie sich beruflich neu orientieren und mehr Geld verdienen. Besonders schwer ist es ohne Hauptschulabschluss am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Lehrstellen werden wegen der großen Auswahl an Bewerbern meist nur an Kandidaten vergeben, die einen Abschluss nachweisen können.
Der zweite Bildungsweg punktet mit vielen Vorteilen
In jungen Jahren ist oft der Druck vom Elternhaus groß zu lernen, die Hausaufgaben zu machen und die Prüfungen mit guten Noten abzuschließen. Manche Schüler glauben, für ihre Eltern zu lernen. Ihnen fehlt das Bewusstsein, dass sie in der Schule einen wichtigen Baustein dafür leben, später einmal auf eigenen Beinen stehen zu können. Selbst wenn manche Unterrichtsfächer wie Mathematik, Chemie oder Geschichte vielleicht nicht so interessant erscheinen, mit einer guten Allgemeinbildung steigen die Jobchancen. Doch dieses Bewusstsein erlangen manche erst in späteren Jahren. Wer sich für den zweiten Bildungsweg entscheidet, tut das in der Regel aus freien Stücken. Daher ist die Motivation, die Ausbildung durchzuziehen meist größer als in der Jugend.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man sich beim zweiten Bildungsweg die Schule meist selbst aussucht. In der Kindheit sind die Ausbildungswege meist vom Wohnort und den Eltern vorgegeben. Viele der Programme finden in den Abendstunden statt. Es ist also möglich, zumindest Teilzeit zu arbeiten und sich somit den Lebensunterhalt zu verdienen. Viele Angebote nutzen Erwachsene übrigens kostenfrei. Es obliegt den einzelnen Bundesländern, ob sie Schulgeld verlangen. In staatlichen Ausbildungsinstituten ist die Abendschule meistens gratis. Bei privaten Schulen ist ein Monatsbeitrag zu zahlen, der zwischen 50 und 300 Euro schwankt. Neben dem Präsenzunterricht gibt es heute Bildungseinrichtungen, wo man den Abschluss per Fernstudium nachholen kann.