Zum Abitur über den zweiten Bildungsweg – das ist schon lange ein Erfolgsrezept, dem sich viele Menschen verschrieben haben. Oft kommt die Einsicht, das Abitur anzugehen, in späteren Lebenslagen, wenn die erste Berufserfahrung bereits gesammelt wurde. Das Abitur kann dann per Vollzeitschule oder auch neben dem Beruf in der Abendschule nachgeholt werden. Eine weitere Möglichkeit ist das Fernabitur. Gerade für Berufstätige kann das Fernabitur eine sinnvolle Form der Qualifizierung sein. Die Einschnitte, die in Sachen Freizeit, Familie, Freunde usw. gemacht werden müssen, sollten aber nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Das Fernabitur bezeichnet dabei eher Kurse, die auf eine staatliche Prüfung vorbereiten. Hier liegt bereits eines der Hauptnachteile dieser Lernform. Am Ende muss auch im Fernabitur die gleiche Prüfung absolviert werden, die Abiturienten an Fachoberschulen erwartet. Wer sich darauf über Fernkurse vorbereitet, der hat natürlich nicht die gleiche Betreuung wie ein Schüler an der Abendschule oder sogar im Vollzeitunterricht. Sicherlich bieten die Fernschulen auch Rat und Tat und in aller Regel gibt es einen persönlichen Ansprechpartner. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren sind im Fernstudium allerdings der eigene Wille und die Fähigkeit, sich selbst immer wieder zu motivieren und zu disziplinieren.
Vorteile des Fernabiturs
- Zeitliche Flexibilität
Dabei handelt es sich wahrscheinlich um den größten Vorteil, wenn man das Abitur im Fernstudium nachholt. Jeder kann für sich entscheiden, wann er lernt. Es gibt keine festen Zeiten für Seminare oder ähnliches. Anders als im Fernstudium müssen bei den meisten Angeboten für das Fernabi keine Präsenzzeiten wahrgenommen werden. Das hat natürlich auch klare Nachteile. Viele Fragestellungen und Unklarheiten können in Präsenzveranstaltungen deutlich besser aufgelöst werden. Wenn der Bildungsanbieter, bei dem das Fernabi angegangen wird, auch Präsenzseminare für die freiwillige Teilnahme anbietet, dann sollte dies wahrgenommen werden.
- Räumliche Ungebundenheit
Ein weiterer klarer Vorteil von Fernstudienangeboten ist die räumliche Ungebundenheit. Prinzipiell kann man für das Fernabitur von jedem denkbaren Ort aus lernen. Nur zur letztendlichen Prüfung muss man sich dann in eine Stadt begeben, in der Abiturprüfungen abgelegt werden können. Die meisten Leute fasziniert am Fernabi die Möglichkeit, einfach von zuhause aus zu lernen. Man muss nicht in der Klasse rumsitzen, sondern kann am eigenen Schreibtisch entspannt bei einer Tasse Tee den Stoff durcharbeiten. Was so überzeugend klingt ist natürlich auch ein Ursprung der Probleme beim Fernabi.
- Neben dem Beruf möglich
Wer sich nach Berufsausbildung und einigen Jahren der Berufserfahrung für das Nachholen des Abiturs entscheidet, für den ist es ungleich schwerer, wieder in Vollzeit die Schulbank zu drücken, als für jemanden, der den richtigen Einstieg ins Berufsleben noch nicht gemeistert hat. Eventuell gibt es bereits familiäre Verpflichtungen. In der Vielzahl der Fälle ist es aber einfach schwer, den Job zu kündigen und auf das regelmäßige Geld und die wertvolle Berufserfahrung zu verzichten. Das Abitur im Fernstudium bietet hier die Möglichkeit, den Beruf weiter auszuüben und auch weiter ein regelmäßiges Einkommen zu beziehen.
Fernabitur Nachteile
Ohne Eigeninitiative geht nix Das Abitur per Fernstudium vermittelt natürlich einen schönen Schein. Man braucht sich nicht in die den nervigen Unterricht zu setzen, vor der Klasse Aufgaben lösen, Hausaufgaben machen usw. Man lernt einfach von zuhause aus und bekommt dann ein vollwertiges Abitur. Doch ganz so einfach ist es nicht. Die meisten Fernabiturienten scheitern, weil sie es nicht schaffen, die nötige Eigeninitiative und Selbstdisziplin an den Tag zu legen. Wenn man sich nicht jeden Tag aufs neue zwingt, den Stoff durchzuarbeiten, Übungsaufgaben zu lösen und evtl. auch zu Präsenzveranstaltungen zu gehen, wird es ein böses Erwachen geben. In der Schule wurde dieser Part der Motivation durch den Lehrer abgenommen, indem er durch Hausaufgaben und Tests zwang aufgebaut hat.
Probeklausuren anstelle richtiger Tests? Beim Abitur ist es enorm wichtig, den Lernfortschritt immer mal wieder zu prüfen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass man in der eigentlichen Prüfung sitzt und merkt, dass man schlecht vorbereitet ist. Dann sind aber bereits tausende von Euro an Gebühren verloren gegangen. Nicht jeder Anbieter für Fernabitur-Kurse hat auch sinnvolle Maßnahmen zur Bewertung der Lernfortschritte im Programm. An Abendschulen und im Vollzeitabi gibt es natürlich regelmäßige Tests, die verpflichtend sind. Beim Fernabi gibt es eventuell Probeklausuren. Wer sich um diese herumdrückt, der riskiert, dass seine Investition in den Sand gesetzt ist.
Abitur ist Ländersache Das Abitur ist von Bundesland zu Bundesland verschieden. Es gibt eine einheitliche Prüfung pro Bundesland. In Gymnasien und Fachoberschulen können die Lehrer auf diese Prüfung hinarbeiten, weil sie evtl. Erfahrungen aus den vergangenen Jahren haben. Die Anbieter für ein Fernabitur agieren aber deutschlandweit. Demnach sind auch die Lehrangebote für die Teilnehmer gleich. Eine spezifische Vorbereitung auf die Abiturprüfung des einzelnen Bundeslandes ist so nur schwer möglich.
Ein Fazit zum Fernabi
Das Fernabitur ist sicherlich eine interessante Möglichkeit, für diejenigen, die ihren Beruf nicht aufgeben wollen, in deren Stadt kein Abendkurs zusammengekommen ist usw. Man sollte sich aber immer im Klaren sein, welche hohen Belastungen in den kommenden 2-3 Jahren auf einen zu kommen. Externe Hilfe sollte unbedingt in Anspruch genommen werden (evtl. Nachhilfekurse…).
Kurs zur Probe
Die meisten Anbieter für Fernabiturkurse ermöglichen es, bis zu 4 Wochen auf Probe und kostenlos das Fernstudium auszuprobieren. In vier Wochen kann man sicher noch nicht abschließend sagen, ob man selber der Typ dafür ist, aber ein ungefähres Gefühl kann man schon bekommen.
Austausch mit Abiturienten
Wenn es irgendwie möglich ist, sollte man sich mit anderen Abiturienten, die im jeweilien Bundesland bereits an der Prüfung teilgenommen haben, austauschen. So bekommt man im besten Fall ein Gefühl vom Niveau der Prüfung und kann sich gezielter vorbereiten. Auch die Fernschulen selber bieten Beratungs- und Betreuungsangebote. Diese sind aber oft nicht so nah am aktuellen Geschehen dran, wie Abiturienten, die erst vor kurzem die Prüfung abgelegt haben.